Interview mit Harald Schmidt



Was wurde er nicht schon alles genannt! „Oberzyniker der Nation“, „intellektuelle Lichtgestalt“, „Adorno der Fernsehunterhaltung“, ja sogar „der Immanuel Kant unserer Tage“. Aber dann steht einem dieser neben Thomas Gottschalk und Günther Jauch höchstbezahlte deutsche Fernsehstar im hellen Sommeranzug, fast zwei Meter groß, gegenüber, streckt einem höflich die Grußhand entgegen und sagt: „Ich kenne Ihre Interviews. Ich bewundere Sie.“ Und nun hat der Interviewer, der Größenwahn erwartet hat, gegen eine Bescheidenheit anzukämpfen, in der nur gelegentlich der legendäre Witzreflex aufblitzt.
   Harald Schmidt, geboren 1957 in Neu-Ulm, aufgewachsen in kleinbürgerlichem Ambiente (Vater: Verwaltungsangestellter, Mutter: Kindergärtnerin), begegnet dem Befrager als beflissener Schüler. Bei der Andeutung, das Interview könnte an seiner fehlenden Abgründigkeit scheitern, ruft er aufgeschreckt: „Machen Sie mir keine Angst!“ Denn er wünschte sich dieses Gespräch. Aber er will nicht den nach seinem Verständnis von Karriereplanung größten strategischen Fehler begehen: Gefühle zu zeigen.
   Daß er 1993 in der „Frankfurter Allgemeinem Zeitung“ bekannte, „frisch verliebt am Meer“ sei für ihn das „vollkommene irdische Glück“, ist ihm jetzt peinlich. Sein Gesicht bleibt während des ganzen Interviews nahezu unbewegt: immer nur dieses bübische Grinsen, sein Markenzeichen, bisweilen das berühmte „Hehe“ und „Höhö“, nie ein befreites Lachen. Nur ein einziges Mal entgleist die Miene. Das Gespräch hat sich dem Thema „Moral“ zugewendet.
„Man will natürlich, daß die Welt etwas gerechter wäre", sagt Schmidt, und sein Mund nimmt plötzlich die Form einer mit den Spitzen nach unten stehenden Sichel an. „Aber man weiß, daß man nichts ändern kann.“ Nun schaut er ganz traurig aus. Sein gepriesener schwarzer Humor entpuppt sich als Resignation. Politische Ideale hatte er nie, nur das Ideal, daß sein Name möglichst oft in der Zeitung steht. Als Jugendlicher wollte er zum Theater. Aber in Augsburg („beschissene Rollen in beschissenen Stücken“) war dann schon Endstation.
   Danach hat er sich im Fernsehen mit diversen Spaßsendungen hochgedient. Mit seiner wochentäglichen Late-Night-Show auf SAT 1 (ab 1995) wurde er Kult, mit Lob und Preisen überhäuft. Nur das Bundesverdienstkreuz hat er abgelehnt. Denn: „Wenn man sich ansieht, wer das aller kriegt... Ich sehe mich da zwischen einem Rocksänger und einem Schäferhund stehen.“ Im Dezember 2003, als der mit ihm befreundete Programmchef Martin Hoffmann durch den Schweizer Roger Schawinski abgelöst wurde, kündigte Schmidt eine „Kreativpause“ an und verließ den Privatsender, um ein Jahr später in der öffentlich rechtlichen ARD mit zwei Shows wöchentlich wiederzukehren. Auf die Frage, ob ihm das genügt, antwortete er im „Weltwoche“-Interview: „Ich schwanke. Momentan favorisiere ich den Plan einer dritten Sendung pro Woche, und zwar vor der Talkshow mit Sandra Maischberger am Dienstag.“
   Man wird sehen. Zur Zeit macht Harald Schmidt mit seiner Lebensgefährtin, einer ehemaligen Lehrerin, und den beiden gemeinsamen Kindern (Sohn Peter, sieben, Tochter Nele, zehn Jahre alt) auf der Nordseeinsel Föhr Urlaub. Am 17. August meldet er sich mit seiner ersten Show nach der Sommerpause zurück. Am 12. September wird er Talkgast bei Reinhold Beckmann sein. Das „Weltwoche“-Gespräch fand im Konferenzraum seiner Kölner Produktionsfirma „Bonito“ statt. „Sie werden sehen, es ist viel Gutes dabei“, ermunterte der Entertainer den Interviewer zum Abschied.

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Es vergeht kein Tag, an dem nicht etwas über Sie in den Zeitungen steht. Ihr Lebensziel war es, berühmt zu werden.

HARALD SCHMIDT: Ja.

Das haben Sie erreicht. Was soll jetzt noch kommen?

SCHMIDT: Ich mache meine Sendung. Sonst möchte ich eigentlich nur möglichst unaufgeregt weiterleben. Wenn man schmerzfrei vor sich hinleben kann, das ist ja schon viel, finde ich.

Eines Ihrer Lieblingszitate stammt aus einem Gedicht von Gottfried Benn: „Dumm sein und Arbeit haben, das ist das Glück.“

SCHMIDT: Richtig.

Der Philosoph Peter Sloterdijk hat daraus die Definition des modernen Zynikers abgeleitet. „Intelligent sein“, so Sloterdijk, „und dennoch seine Arbeit verrichten“, das sei das „unglückliche Bewußtsein“ des Erfolgreichen, der erkannt hat, daß alles sinnlos ist. Nun haben Sie die Wahl, was Sie auf sich anwenden möchten.

SCHMIDT: Da nehme ich lieber das zweite.

Intelligent und unglücklich?

SCHMIDT: Nein, unglücklich nicht.

Sie wissen um die Sinnlosigkeit, doch Sie verzweifeln nicht.

SCHMIDT: So ist es. Einen Sinn darf man nicht suchen. Ich empfinde so eine Sendung, wie ich sie mache, als ein sehr komfortables Gerüst. Man geht da einfach hin wie zum Dienst. Im Grunde arbeite ich gegen die eigene Langeweile.

Weil Sie die nicht ertragen würden.

SCHMIDT: Genau. Das habe ich letztes Jahr, als ich keine regelmäßige Sendung hatte, gemerkt. Man gehört plötzlich nirgends dazu. Man stört in der Familie. Man weiß nicht, was man den ganzen Tag machen soll.

Sie leben seit zwölf Jahren unverheiratet mit Ihrer Freundin und zwei Kindern. Ihr drittes Kind stammt aus einer früheren Beziehung und wohnt bei der Mutter.

SCHMIDT: Ja. Seit mir die Kinder passiert sind, habe ich festgestellt, daß es etwas sehr Sinnvolles ist, Kinder zu zeugen. Ich bin gerne Vater.

Aber zu heiraten, lehnen Sie ab.

SCHMIDT: Das hat sich geändert. Früher habe ich gedacht, Heiraten kommt für mich überhaupt nicht in Frage. Mittlerweile denke ich, es wäre vielleicht doch schön, weil es ein offizielles Bekenntnis ist.

Zur Liebe?

SCHMIDT: Nein, zur Frau.

Ihre Freundin wünscht sich die Ehe.

SCHMIDT: Ja, ich glaube, Frauen wünschen das immer.

Sie sind gläubiger Katholik. Uneheliche Kinder sind unvereinbar mit dem, was die katholische Kirche lehrt.

SCHMIDT: Das ist richtig.

Der Papst sagt, außerehelicher Geschlechtsverkehr sei eine „Banalisierung des Körpers“.

SCHMIDT: Der Papst muß das sagen.

In einem Gespräch mit Günter Gaus haben Sie erklärt, Sie hätten „beschlossen, der größte Verehrer des Papstes auf Erden zu werden“.

SCHMIDT: Ja, aber bei Gaus war ich sehr schlecht, weil ich so ehrgeizig war. Ich war wahnsinnig erpicht darauf, von ihm interviewt zu werden, und wollte sozusagen für die Ewigkeit dokumentieren, wie intelligent ich bin. Insofern ist das ein sehr bezeichnendes Gespräch, weil es zeigt, daß ich mehr, als ich dachte, ein Streber bin, der sich um die Anerkennung von Autoritäten, die er für klug hält, bemüht.

Sie wollten witzig sein.

SCHMIDT: Ja.

Im Grunde scherzen Sie immer.

SCHMIDT: Nicht immer.

„Immer spielt ihr und scherzet“, schreibt Hölderlin. „Ihr müsst! Oh Freunde, mir geht dies in die Seele, denn dies müssen Verzweifelte nur.“

SCHMIDT: Gut, das ist jetzt sehr hoch gegriffen. Das entspricht dem Bild von dem Clown, der eigentlich Tränen weint. Ich würde ja gerne sagen, daß ich verzweifelt bin, um mich künstlerisch aufzuwerten. Aber ich bin es nicht. Vielleicht bin ich momentan in einer guten Phase. Ich stelle immer wieder fest, daß man Interviews in einer gewissen Stimmung gibt. Man redet sich dann manchmal auch in etwas hinein, was für den Augenblick stimmt. Dann denke ich, mein Gott, wenn das erscheint, ist meine Verfassung schon wieder eine ganz andere.

Das macht doch nichts. Es muß nur gut klingen.

SCHMIDT: Eben. Deshalb habe ich neuerdings Spaß daran, mir in Interviews eine Biografie zu erfinden. Ich habe festgestellt, daß ich anfange, mich zu einem gefährdeten Trinker zu stilisieren.

Aber Sie trinken nicht?

SCHMIDT: Doch, schon, aber im normalen Bereich.

Was denn?

SCHMIDT: Wein und Weizenbier, aber keinesfalls, wie ich in Interviews gesagt habe, vormittags. Ich trinke nach der Sendung, um abzuspannen. Das ist dann so ein Automatismus. Man geht zum Kühlschrank und macht eine Flasche auf.

Zu Hause?

SCHMIDT: Ja.

Mit Ihrer Freundin?

SCHMIDT: Ja, teilweise ist es so, daß wir beide trinken. Dann sagen wir, wir trinken eigentlich ziemlich viel und müssen das etwas herunterbremsen. Aber ich bin kein Alkoholiker, wie ich es manchmal dargestellt habe. Das habe ich erfunden, weil ich irgendwo ein Foto von Hemingway sah und dachte, würde ich so viel vertragen wie der, das wäre toll.

Wenn Sie Hemingway kopieren, müssen Sie sich auch umbringen.

SCHMIDT: Alles klar. Aber das kommt für mich nicht in Frage. Ich will niemandem zu nahe treten, der sich umgebracht hat. Aber Selbstmord finde ich uncool.

2002 spielten Sie am Bochumer Schauspielhaus den Lucky in „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett…

SCHMIDT: Ja, das war so eine PR-Aktion, weil man meine Fernsehpopularität ausnutzen wollte.

In dem Stück geht es die ganze Zeit darum, ob sich die Protagonisten aufhängen sollen oder nicht.

SCHMIDT: Gut, aber wer sich nicht aufgehängt hat, ist Beckett.

Ja, weil er das Stück geschrieben hat. Das hat ihn befreit.

SCHMIDT: Nein, weil er gut gelaunt war. Ich habe festgestellt, die größten Miesepeter werden achtzig und neunzig Jahre alt, die Giganten des Nihilismus. Ich wundere mich immer, wie charmant und heiter die oft im Leben sind. Vor ein paar Jahren hätte ich auch gesagt, ich bin Nihilist. Dann habe ich gemerkt, daß mir das gesundheitlich schadet, und Mechanismen entwickelt, um es zu kanalisieren.

Welche?

SCHMIDT: Ich verordne mir heute per Dienstplan Geselligkeit. Ich sitze dann da und denke, es ist eigentlich unerträglich, aber die Alternative wäre noch unerträglicher, und deshalb sage ich, schön, daß wir mal Zeit haben für ein gemeinsames Essen.

In Wahrheit verachten Sie die Menschen, mit denen Sie da zusammensitzen.

SCHMIDT: Nein, ich beneide sie. Ich bin nicht so hochmütig, jemanden, der mit dem Leben zurechtkommt und nichts anderes erwartet, als seine Arbeit zu machen, am Wochenende Blumen zu gießen oder lecker zu grillen, als dumm zu bezeichnen.

Hatten Sie noch nie Selbstmordgedanken?

SCHMIDT: Doch, natürlich habe auch ich schon an Selbstmord gedacht.

In jüngeren Jahren?

SCHMIDT: Immer mal wieder, so nach dem Motto von Nestroy: Wenn alle Stricke reißen, häng ich mich auf. Aber an die praktische Umsetzung habe ich nie gedacht. Ehrlich gesagt, käme ich mir dabei auch etwas lächerlich vor.

Beim Selbstmord?

SCHMIDT: Ja, weil der so eine Bedeutung bekäme. Doch das Allerschlimmste wäre für mich, daß es niemanden interessiert. Ich hätte vielleicht noch zweimal eine Titelseite in „Bild“, so in dem Stil, keiner hat’s gewußt, keiner hat’s geahnt, er wirkte immer so lustig, doch hinter der heiteren Maske verbarg sich ein düsterer Mensch, Feierabend. Niemand, absolut niemand, nähme länger Notiz davon.

Das kann Ihnen doch als Toter egal sein.

SCHMIDT: Dazu sage ich, ich glaube definitiv an die Auferstehung.

Nein!

SCHMIDT: Doch!

Sie glauben an ein Weiterleben im Jenseits?

SCHMIDT: Ja, selbstverständlich.

Und wie schaut es dort aus?

SCHMIDT: Davon habe ich keine Vorstellung. Ich sehe da nur ein sehr helles Licht.

Könnten Sie nicht versuchen, einem Atheisten wie mir das Jenseits genauer zu beschreiben?

SCHMIDT: Ob Sie Atheist sind, wird sich noch zeigen. Mir hat mal ein Urologe erzählt, auf dem Sterbebett werden alle katholisch. Diese Erfahrung habe ich auch selbst gemacht, denn ich war während des Zivildienstes in einer Pfarrei beschäftigt. Da wurde der Pfarrer von sogenannten Atheisten schreiend ins Krankenhaus geholt, wenn der Tumor im Endstadium war. Ich glaube, ob man Atheist ist, kann man erst auf den letzten Metern sagen.

Haben Sie Angst vor der Hölle?

SCHMIDT: Nein.

Weil Sie sich für einen guten Menschen halten?

SCHMIDT: Ich halte mich für einen schwachen Menschen, der sich bemüht.

Das genügt?

SCHMIDT: Ja, was man so hört...

Gehen Sie beichten?

SCHMIDT: Schon lange nicht mehr. Aber ich würde gerne. Ein Beichtgespräch mit einem guten Priester stelle ich mir als eine große Erleichterung vor.

Welche Sünden hätten Sie anzubieten?

SCHMIDT: Das verrate ich nicht einmal Ihnen.

Lügen Sie?

SCHMIDT: Natürlich lüge ich, aber das ist Teil des Jobs. Natürlich bin ich mißgünstig.

In einem früheren Interview haben Sie auf die Frage, was Erfolg für Sie bedeutet, geantwortet: „Wenn ich Konkurrenten untergehen sehe.“

SCHMIDT: So ist es. Aber das ist Teil des Spiels. Das gehört dazu.

In letzter Zeit ist es umgekehrt. Ihnen schlägt die Mißgunst mancher Kollegen entgegen. Dem Kabarettisten Werner Schneyder sind Sie, Zitat, „ein bißchen langweilig geworden“.

SCHMIDT: Das muß so sein. Da kommt der Satz zur Anwendung: Der Vatikan dementiert nicht. Ich höre jetzt öfter solches Gehüstel. Das gefällt mir. Es muß immer ein bißchen Aufregung herrschen. Das Schlimmste für mich ist, wenn gar nichts geschrieben wird.

Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" schrieb: „Die Leute haben so lange applaudiert, egal, was er gemacht hat, daß er denkt, er muß gar nichts mehr machen. Er gibt sich einfach keine Mühe mehr.“

SCHMIDT: Ja, ist doch gut. Ich finde, man muß sich auch mal eine kreative Schwächephase von fünf Jahren erlauben können, dann kommt vielleicht noch das Meisterwerk, oder es kommt nicht. Die Sendungen, in denen ich mir Mühe gebe, sind ja immer besonders schlecht. Die besten Sendungen, behaupte ich, sind die, wenn ich rausgehe und sage, meine Damen und Herren, wozu das alles?

Wenn Sie das Gefühl der Sinnlosigkeit überfällt.

SCHMIDT: Richtig. Das funktioniert aber nur, wenn es echt ist. Man darf nicht sagen, heute provoziere ich mal, sondern da muß wirklich der Wunsch nach Rausschmiß dahinterstehen.

Sie wollen dann scheitern.

SCHMIDT: Ja.

Sie wollen untergehen.

SCHMIDT: Ja, das wäre vielleicht noch eine Herausforderung, wenn man mich mal irgendwo rauswirft. Da könnte es wieder spannend werden. Aber das wird nicht passieren, solange die Quote stimmt. Richtig beschädigen könnte mich nur ein krimineller Vorgang.

Jemand erschießt Sie.

SCHMIDT: Na gut, dann wäre das Thema sozusagen erledigt.

Bekommen Sie Morddrohungen?

SCHMIDT: Das weiß ich nicht, das wird von meinem Büro abgefangen. Aber mir wurde einmal von einer Stalkerin aufgelauert. Die hat mich vor meiner Haustür angefallen, also sie hat mich umarmt.

Was haben Sie getan?

SCHMIDT: Ich habe um Hilfe geschrien. Dann hat ein Nachbar die Polizei geholt. Die Frau sitzt jetzt in einer psychiatrischen Anstalt.

Werden Sie auch verbal attackiert?

SCHMIDT: Ja, das kommt häufig vor. Bei der Gepäckaufnahme am Flughafen flüstert mir jemand zu: „Du Arschloch!“ Aber das ist Teil der Gage. Das tropft an mir ab.

Das ist der Preis des Ruhms.

SCHMIDT: Ja.

Unberühmt können Sie nicht mehr werden.

SCHMIDT: Nein. Denn wenn der Sender mich rausschmeißt, mache ich auf der Bühne weiter.

Als Schauspieler?

SCHMIDT: Nein, als Kabarettist. Das würde ewig funktionieren, und das ist eigentlich das tollste Gefühl, zu wissen, daß sich die Leute lange vorher eine Karte kaufen, sich von zu Hause aufmachen und sich in eine ungemütliche Halle setzen, um mich zu sehen.

Neun Millionen Euro im Jahr würden Sie damit nicht verdienen.

SCHMIDT: Nein, aber das Geld spielt für mich keine Rolle.

Sie haben finanziell ausgesorgt, selbst wenn Sie 103 Jahre alt werden.

SCHMIDT: 103 nicht, aber 102.

Finden Sie das nicht ungerecht?

SCHMIDT: Was?

Daß es Ihnen so gut geht.

SCHMIDT: Nein, das ist Schicksal, und man weiß ja nie, was noch kommt. Es gab ja schon Situationen, wo es mir nicht so gut ging, berufliche Tiefpunkte, zum Beispiel, als ich mit „Verstehen Sie Spaß?“ erfolglos war. Da hätte ich weg sein können. Aber ich war halt der Meinung, nicht ich habe versagt, sondern das Publikum hat sich geirrt. So habe ich das überstanden.

Vor einigen Jahren haben Sie in einem Gespräch mit Roger Willemsen das deutsche Fernsehen als „Schrott, Müll und Scheißdreck“ bezeichnet.

SCHMIDT: Das war bei den „Mainzer Tagen der Fernsehkritik“. Da hatte ich die Schnauze komplett voll vom Fernsehen. Solche Interviews haben auch eine therapeutische Wirkung. Man sagt so etwas, und man traut sich, daß es gedruckt wird, und danach geht’s einem besser. Das Fernsehen ist zwar immer noch Scheiße. Aber es stört mich nicht mehr.

Kennen Sie den Aufsatz „Das Nullmedium“ von Hans Magnus Enzensberger?

SCHMIDT: Ich kenne den Titel, aber ich hab’s nicht gelesen.

Enzensberger argumentiert darin gegen die These von der Verblödung durch Fernsehen. Je inhaltsloser eine Sendung, desto nützlicher sei sie, weil es der geistigen Selbstreinigung diene, sich den Schrott anzusehen.

SCHMIDT: So weit bin ich noch nicht.

Ihre Sendung hat Inhalt.

SCHMIDT: Ja, sie hat sogar eine Botschaft, nämlich den Leuten zu sagen, daß es unglaublich viel zu entdecken gibt. Man kann zum Beispiel mal ein Buch lesen oder ins Museum gehen oder Blockflöte spielen. Ich werde ja oft als Bildungsbürger beschimpft, aber ich bin höchstens ein Kleinbildungsbürger.

Sie glauben, daß es den Leuten besser geht, wenn sie Flöte spielen?

SCHMIDT: Ja, oder Klavier. Aber ich weiß natürlich, daß ich damit nur in einer kleinen Nische bestehen kann. Die höchsten Quoten haben Sendungen, die eine heile Welt vorgaukeln, „Das Traumschiff“, Rosamunde Pilcher, der „Musikantenstadl“. Die breite Masse braucht einen klaren Ablauf, wie die Woche zu funktionieren hat, wie der Tag zu funktionieren hat, wie der Urlaub zu funktionieren hat, und findet deshalb die Welt, die in diesen Sendungen vorgespiegelt wird, sehr in Ordnung.

Der Mensch will nicht frei sein.

SCHMIDT: Der Mensch sagt, er will frei sein, aber ich habe da meine Zweifel. Der Mensch will Anleitung.

Einen Führer!

SCHMIDT: Haha.

Er will gehorchen.

SCHMIDT: Nein, er will, daß man ihm sagt, um acht Uhr Frühstück, um zehn Gymnastik, um zwölf Batiken, von zwölf bis zwei freie Gestaltung, aber organisiert.

Darf ich von Sloterdijk noch etwas zitieren?

SCHMIDT: Ja, gerne.

„Die Machthaber können zu allen Zeiten getrost davon ausgehen, daß es der allergrößten Mehrheit der Menschen vor der Freiheit graut und daß sie keinen tieferen Antrieb kennt als den, ihre Freiheit aufzugeben, Gefängnisse um sich zu errichten und sich vor alten und neuen Götzen niederzuwerfen.“

SCHMIDT: Dem stimme ich zu.

Auch Sie ertragen die Freiheit nicht.

SCHMIDT: Ich?

Ja, Sie brauchen Ihren Dienst.

SCHMIDT: Öhhh...

Was „öhhh“?

SCHMIDT: Na, ich bin natürlich schon für die Freiheit. Aber ich kann die Menschen verstehen, die damit Probleme haben. Früher war das anders. Ich hab eine Zeitlang gedacht, man könnte diese Volksmusiksendungen lächerlich machen. Aber die sind nicht zu beschädigen, denn die Leute, die sich das ansehen, nehmen einen, der sie kritisiert, gar nicht wahr.

Was sind das für Leute?

SCHMIDT: Meine Eltern zum Beispiel. Ich bin ja einmal extra im „Musikantenstadl“ aufgetreten und hab meine Eltern da mitgenommen, damit sie Gelegenheit bekommen, in der Sendung von Karl Moik persönlich begrüßt zu werden.

Lieben Sie Ihre Eltern?

SCHMIDT: Ja, sehr! Das ist ein tiefes, gewachsenes Verhältnis, und die sind auch sehr stolz darauf, daß ich ein Teil dieser großen, weiten Welt der Fernsehmoderatoren geworden bin.

Nach welchen ethischen Grundsätzen sind Sie erzogen worden?

SCHMIDT: Nach den zehn Geboten im weitesten Sinne.

Als Kind wollten Sie Priester werden.

SCHMIDT: Ja, aber das war sehr naiv. Da ging es nur darum, vor einer großen Menge zu predigen und Hostien zu verteilen. Das war nicht religiös fundiert.

Komiker, so sagen Sie, sind Sie wegen Ihres schlechten Aussehens geworden.

SCHMIDT: Genau. So banal war das. Ich wollte die Aufmerksamkeit der Mädchen erregen, aber da ich Scheiße aussah, Akne hatte und im Sport eine totale Niete war, habe ich es mit lustigen Sprüchen versucht.

Waren Sie wirklich so häßlich?

SCHMIDT: Aus Sicht der Frauen schon.

Heute sehen Sie ganz passabel aus, groß, schlank...

SCHMIDT: Na gut, man verändert sich. Mit meiner ersten Liebe lief es dann auch ganz konventionell. Mit siebzehn, achtzehn war es üblich, eine Freundin zu haben, auch Sex natürlich. Schwul war ich nicht. Also habe ich das normale Programm abgefahren, zum Bus gebracht, Briefe geschrieben, Gedichte geschrieben...

Gedichte?

SCHMIDT: Ja, so im Stil von Heine, Buch der Lieder, gereimt natürlich.

Schreiben Sie heute noch?

SCHMIDT: Ja, Kolumnen für „Focus“, aber nichts für die Ewigkeit. Das wäre Horror für mich.

Wie ist Ihre Berufsbezeichnung?

SCHMIDT: Ich selbst bezeichne mich als Conférencier.

Unsterblich können Sie damit nicht werden.

SCHMIDT: Damit rechne ich auch gar nicht. Ich rechne ja nicht mit einer Unsterblichkeit im Sinne von Mozart. Das wäre ja Quatsch. Ich möchte nur, wenn ich sterbe, das Gefühl haben, mehr war nicht drin. Ich möchte an meine Grenzen gehen, das heißt: Unsterblichkeit nur in der Größenordnung des öffentlich rechtlichen Fernsehens.

Die haben Sie jetzt schon. Als Sie vor eineinhalb Jahren Ihren Abschied erklärten, hat die Nation aufgeheult.

SCHMIDT: Das stand, glaube ich, nur in den Zeitungen.

Man nannte Sie „Gott“.

SCHMIDT: Ja, aus medialer Sicht war mein Abgang bombastisch.

In München wurde sogar für Sie demonstriert.

SCHMIDT: Gut, aber das fand ich schwach, die paar Leute, die da auf die Straße gingen, das war etwas armselig.

Sind Sie ein Sklave der Medien?

SCHMIDT: Ja.

Als „Mediennutte“ haben Sie sich schon geoutet.

SCHMIDT: Ja, aber jetzt „Sklave“. „Nutte“ hatten wir schon. Jetzt Mediensklave! Ich finde, daß man sich irgendwann zwischen Unsterblichkeit und Karriere entscheiden muß. Das ist doch mal ein Satz, der Ihnen gefällt, oder?

Vielen Dank.

SCHMIDT: Allerdings kann jemand, der nicht vorher Karriere gemacht hat, auch nicht unsterblich werden.

Haben Sie schon Pläne für Ihre Beerdigung?

SCHMIDT: Ja, das habe ich in Gedanken schon durchgespielt, weil ich, als ich noch bei SAT 1 war, in der Sendung meine eigene Trauerfeier abhalten wollte.

Aber Sie haben es dann nicht getan.

SCHMIDT: Nein, denn als ich das beim Mittagessen skizzierte, war das Team total geschockt. Die haben gesagt, das geht nicht, daß ich über mein Ableben Witze mache. Vielleicht waren sie auch irritiert, weil sie durch meinen Tod ihre Arbeitsplätze verloren hätten.

Was hatten Sie vor?

SCHMIDT: Ich hatte mir vorgestellt, daß ein Sarg in der Mitte der Bühne steht...

Und Sie liegen drin?

SCHMIDT: Nein, ich sitze in der ersten Reihe und schaue zu, wie der Sender die Trauerfeier für mich gestaltet, also ich habe mir ausgemalt, welches Kompetenzgerangel es geben würde, wer reden darf und wer nicht, welchen Blumenschmuck man verwendet, welches Bild. Der eine hätte gesagt, keine Blumen, der Harald hat Blumen doch nie gemocht, der andere: Bloß kein Bild, er hat es doch gehaßt, fotografiert zu werden... Also der Spaß wäre gewesen, das Team darüber streiten zu sehen, welche Feier in meinem Sinne gewesen wäre.

Wollen Sie alt werden?

SCHMIDT: Wenn es ohne Zipperlein abgeht, gern.

Und dann verbrannt?

SCHMIDT: Nein, auf keinen Fall! Eine Zeitlang habe ich geliebäugelt mit Seebestattung. Das hatte ich mir so ganz klassisch wie in einem Piratenfilm vorgestellt: eingewickelt in weißes Leinen über ein Holzbrett ins Wasser rutschen. Aber dazu ist mittlerweile ein so wahnsinniger Bürokratieaufwand nötig, daß ich davon wieder abgekommen bin.

Gibt es etwas, wovor Sie sich fürchten?

SCHMIDT: Ich fürchte mich eigentlich nur vor Schmerzen. Alle zwei Jahre lasse ich eine Magen- und Darmspiegelung machen und meine Muttermale und das Herz kontrollieren, obwohl mir Kardiologen gesagt haben, daß das vollkommen zwecklos ist. Man steht mit Topwerten auf, geht raus und fällt um. Ich denke, wenn jemand plötzlich am Herzinfarkt stirbt: Der Herr hat ihn geliebt, weil zack und weg. Den Streß haben nur die Hinterbliebenen. Deshalb habe ich denen jetzt schon gesagt: Ihr braucht nicht zu trauern.

Haben Sie schon Ihr Testament gemacht?

SCHMIDT: Nein, das wird alles von Vater Staat geregelt.

Wann haben Sie zum letzten Mal geweint?

SCHMIDT: Voriges Jahr, als meine Großmutter gestorben ist.

Seither nie wieder?

SCHMIDT: Nein. Ich finde Leute, die weinen, nervig. Denn das wird ja oft auch so eingesetzt. Wenn ich schon so ein zitterndes Kinn sehe, weil jemand mit den Tränen kämpft...

Weint Ihre Lebensgefährtin?

SCHMIDT: Ja, aber daran gewöhnt man sich. Wenn Frauen weinen, ist das was anderes. Denn das ist ja Standard. Weinende Frauen sind wie saufende Männer. Ich weine eher aus Rührung, bei gigantischer Musik, Bach zum Beispiel.

Sigmund Freud sagt: „Das Großartige des Humors liegt offenbar im Triumph des Narzißmus, in der siegreich behaupteten Unverletzlichkeit des Ichs.“

SCHMIDT: Genau so ist es.

Das bedeutet, der Spaßvogel hat einen Panzer angelegt, durch den nichts durchkommt.

SCHMIDT: Ja, aber das kenne ich schon. Den Vorwurf, daß ich mich durch meine Witzigkeit schützen will, um mein wahres Gesicht nicht zu zeigen, kenne ich seit dem Schulhof.

Ist er berechtigt?

SCHMIDT: Ja, sicher.

Würden Sie diesen Panzer ablegen...

SCHMIDT: ... käme ich wahrscheinlich in die Psychiatrie. Ich spiele in mir manchmal den Gedanken durch, was jemand sagen müßte, damit ich die Fassung verliere. Deshalb bereite ich mich auf alle Eventualitäten vor. Ich habe mich auch auf dieses Interview vorbereitet, also ich habe mich gefragt, wie wird der Müller das einfädeln? Wann kommen die Fragen, die unter die Haut gehen?

Haben Sie eine Vermutung, was ich Ihnen entlocken will?

SCHMIDT: Ja, wahrscheinlich wollen Sie meinen Abwehrmechanismus durchbrechen. Ich habe mir schon in der Schauspielschule ständig anhören müssen: Junge, laß mal die Panzerabwehrraketen los! Du öffnest dich nicht!  Aber da habe ich natürlich mittlerweile Erfahrung. Ich bin, sobald ich das Haus verlasse, auf permanente Überwachung geeicht.

Kann etwas Sie so erschüttern, daß es Sie sprachlos macht?

SCHMIDT: Da gäbe es vieles, aber das lasse ich nicht an mich ran. Denn sonst müßte ich mir die Kugel geben. Man erlebt es auf Kreuzfahrten, da erzählen einem die Crew-Mitglieder, die Leute seien in Bombay heulend aufs Schiff zurückgekommen, weil ein Lastwagen nachts durch die Stadt fährt und die Kinder, die am Straßenrand schlafen, einfach auflädt wie Vieh. Ich fahr nicht in solche Gebiete und sage, jetzt gucke ich mir mal richtiges Elend an.

Was machen Sie, wenn das im Fernsehen kommt?

SCHMIDT: Ich schalte aus. Als man kürzlich dieses Video zeigte, wo die Bosnier ihre eigenen Gräber ausheben mußten, bevor sie erschossen wurden, habe ich weggezappt. Denn was soll mir das bringen? Wir leben per Zufall auf einem Flecken, wo das gerade nicht stattfindet. Sollte es mich je selber treffen, dann ist die Frage, wie verhalte ich mich? Man kann emigrieren. Aber ich bin ja absolut an die deutsche Sprache gebunden.

Nach dem 11. September 2001 haben Sie mit Ihrer Sendung zwei Wochen pausiert und sind dann aufgetreten mit dem Spruch: „Guten Abend, meine Damen und Herren, hier ist SAT 1, die optimistische Heimat der Spaßgesellschaft.“ Darauf folgte das bitterste Solo, das es von Ihnen je gab. Sie haben die zwei häufigsten Sätze aus den Tagen davor zitiert: „Wie hat der DAX reagiert?“ Und: „Wir dürfen uns nicht der Gewalt beugen, Rückkehr zur Normalität!“ Dann fragten Sie: „Was soll das heißen? Die Frau weiter schlagen? Weiter saufen?“

SCHMIDT: Ja, denn was ist Normalität? Wer definiert das für mich? Darf ich für mich eine andere Normalität beanspruchen, als der Herr Kommentator mir vorschreibt? Ich wußte, daß diese Sendung über meine Zukunft im Fernsehen entscheidet, weil ich Stellung beziehen mußte. Die Medien hatten beschlossen, daß diese Katastrophe ein Ereignis zu sein hat, das uns trifft wie kein anderes je zuvor, und daß ich so und so viele Kriegstote, so und so viele Hungertote, so und so viele Aidstote außen vor lassen soll und sage, nichts hat die Menschheit je so verändert wie dieser 11. September. Das wurde einem als allgemeiner Konsens verordnet. Aber Tatsache war, daß Investmentbanker noch in den brennenden Türmen Konten umgebucht haben, daß es sofort Immobilienspekulationen am Ground Zero gab, und daß unsere amerikanischen Freunde schneller als alle anderen zur Tagesordnung übergegangen sind.

Ihr Vorbild, David Letterman, hat eine patriotische Show abgezogen.

SCHMIDT: Ja, ich habe das natürlich gesehen und gedacht, hab ich mich verhört? Oder hat dieser Mann nie zuvor einen zynischen Witz gemacht? Im Hintergrund wehte die amerikanische Flagge, und als erster Gast kam Dan Rather, der amerikanische Ulrich Wickert, und heulte. Da ist mir der Unterschied zwischen Amerika und Europa klar geworden. Selbst die übelsten amerikanischen Witzereißer kommen nach dem Einmarsch im Irak auf die Bühne und sagen: „God bless our soldiers!“ Mit meiner ersten Sendung nach dem 11. September habe ich mich von Letterman emanzipiert.

Mit „Dirty Harry“, „Schmuddel-Harald“ und „Ekel-TV“, wie die „Bild“-Zeitung schrieb, war es danach auch vorbei.

SCHMIDT: Das war schon vorher. Also die Polen- und Frauenwitze habe ich schon früher nicht mehr gemacht, weil sich das totläuft.

Gestatten Sie, daß ich zwei, drei, die Ihnen den Vorwurf der Frauenfeindlichkeit eintrugen, dennoch zitiere?

SCHMIDT: Klar!

Nach der Wahl des Boxers Henry Maske zum erotischsten Mann des Jahres kommentierten Sie: „Ich habe es immer gewußt, Frauen wollen geschlagen werden.“

SCHMIDT: Das ist ein Witz für schwere Abende, also wenn gar nichts los ist. Dann weiß ich, den empfinden manche noch als Provokation, der funktioniert hundertprozentig.

Oder der: „Einer Blondine muß man in der Fahrschule beibringen, daß es bei Startschwierigkeiten nicht hilft, wenn man am Auspuff lutscht.“

SCHMIDT: Na, gut, der ist noch ein Stück tiefer. Aber es gibt eben Abende, wo die Themenlage so dünn ist, daß ich rausgehe und denke: Ich bin erschienen und würde gern fünfzehn Minuten schweigen, aber weil ihr bedient werden wollt, kommt jetzt zur Strafe so ein Witz, und ihr werdet gleich brüllen vor Lachen.

Können Sie sich an den erinnern: „Was hat 178 Zähne und bewacht ein Monster?“

SCHMIDT: Ja, mein Reißverschluß. Heute würde ich so einen Witz nicht mehr machen.

In einem „Spiegel“-Interview haben Sie stolz mitgeteilt, sie seien der erste, der in einer Fernsehshow das Wort „Gesichtsfotze“ verwendet habe.

SCHMIDT: Das ist lange her.

Was ist eine Gesichtsfotze?

SCHMIDT: Das ist so ein Bart, man sagt auch Polizisten- oder Klobrillenbart, der geht rechts und links neben dem Mund so runter.

Zoten haben Sie jetzt nicht mehr nötig.

SCHMIDT: Nein.

Sie sind seriös geworden.

SCHMIDT: Das weiß ich nicht. Das sollen andere sagen. Ich lebe ja davon, interpretiert zu werden, überinterpretiert, fehlinterpretiert...

Sie wollen ein Geheimnis bleiben.

SCHMIDT: Richtig. Denn wer ich wirklich bin, ist komplett uninteressant. Ich bin zufrieden mit der Kunstfigur, die ich für mich entwickelt habe. Was sich dahinter verbirgt, will ich nicht wissen.

Vielleicht nichts.

SCHMIDT: Möglich. Vielleicht lauert hinter der Maske nur eine gigantische Leere. Das halte ich nicht für unwahrscheinlich.

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Erschienen im Juli 2005 in der Züricher "Weltwoche", der "Berliner Zeitung" und dem Wiener "profil"