Interview mit Erich von Däniken 1983



Ihr Verlag wirbt damit, Sie seien ein amüsanter Provokateur. Gefällt Ihnen das?

ERICH VON DÄNIKEN: Nein, überhaupt nicht, denn damit stellt man mich doch als lächerlich hin. Ich bin davon überzeugt, daß Außerirdische vor Jahrtausenden zu Besuch auf der Erde waren. Es gibt eine linke, neidische Clique, die behauptet, ich würde meine Leser ausbeuten, indem ich etwas schreibe, an das ich selbst nicht glaube. Das finde ich primitiv.

Der Beweis für die Richtigkeit Ihrer These fehlt.

VON DÄNIKEN: Schauen Sie, fast fünfzig Millionen Menschen haben meine Bücher gelesen, und viele sind davon angetan. Es arbeiten heute mehr Menschen an dieser Thematik als je zuvor, und es ist daher möglich, daß man bald einen endgültigen, objektiven Beweis finden wird, einen Gegenstand, den man akzeptieren muß, aus einem Grab zum Beispiel. Am liebsten wäre mir eine außerirdische Mumie in Spiritus.

Woran würden Sie erkennen, daß es sich dabei um eine außerirdische Leiche handelt?

VON DÄNIKEN: Vielleicht hat sie zwölf Finger oder drei Augen oder nur eines oder einen kleinen Rüssel anstelle der Nase. Möglich ist alles. Sie wird mehr oder weniger humanoid sein, denn man muß davon ausgehen, daß wir zum Teil genetische Ableger jenes Systems sind, dessen Vertreter uns später aufgesucht haben. Sie sind uns ähnlich, aber Abweichungen wird es schon geben.

Bedrückt es Sie, daß Sie das Auffinden jenes Beweises wahrscheinlich nicht mehr erleben werden?

VON DÄNIKEN: Es ist nicht erquickend. Aber ich bin optimistisch. Sofern ich die nächsten zehn oder fünfzehn Jahre erlebe, glaube ich, den Beweis noch hereinzubringen. Der kann auch auf dem Mond oder dem Mars sein. Ich nehme an, die Außerirdischen haben absichtlich irgendwo etwas zurückgelassen. Wenn wir weiterhin Raumfahrt betreiben und die Russen oder Amerikaner über den roten Marsboden hüpfen, dann werden sie dort vielleicht eine Flagge oder einen außerirdischen Hammer oder auch nur einen simplen Hosenknopf finden. Das wäre toll. Denn dann wüßten wir, wir sind nicht allein im Weltall.

Was würde das ändern?

VON DÄNIKEN: Das würde sehr vieles ändern. Unsere Nabelschau und unsere Selbstbefriedigung würden aufhören. Das ganze Alltagsleben würde sich ändern, die Literatur, die Kunst, der geschichtliche Ausblick, die Technologie, der Kontakt untereinander. Man könnte philosophische und wissenschaftliche Gespräche mit den anderen Wesen führen. Das würde uns weiterbringen. Das würde uns auch den Frieden bringen.

In Ihren Büchern schreiben Sie, daß die Außerirdischen Kriege führen und große Teile der Menschheit vernichten werden.

VON DÄNIKEN: Das ist richtig. Wenn man den Mythologien und den alten Religionen folgt, in denen die Außerirdischen als Götter erscheinen, dann waren sie verdammt menschlich, haben getobt und geflucht, Versprechen gebrochen, waren radikal, haben Städte zerstört und ganze Gruppen von Menschen vernichtet. Ich denke an Sodom und Gomorrha oder an den indischen Gott Gurka. Der hat gleich drei Städte mit einem einzigen Blitz in Asche verwandelt. Also man war nicht zimperlich. Aber das ist nur die eine Seite, denn diese Götter haben dem Menschen auch sehr geholfen, indem sie aus ihm durch genetische Mutation den Homo sapiens machten. Sie haben ihn intelligent gemacht.

Wer dumm ist, schreiben Sie, wird von den Außerirdischen ausgerottet.

VON DÄNIKEN: Da kommen wir auf den alten Streit, welcher Zweck heiligt die Mittel. Nehmen wir an, ich würde ein Experiment mit Bakterien machen und sie in Reagenzgläsern hochziehen. Wenn ich dann feststelle, daß eine Reihe dieser Kulturen sich falsch entwickelt, erstens zu ihrem eigenen Schaden, zweitens zum Schaden der Umwelt, dann schütte ich diese Gläser ins Feuer.

Sie würden Zuchtwahl betreiben.

VON DÄNIKEN: Nein, mit Zuchtwahl oder Rassismus hat das gar nichts zu tun. Die Götter haben ja nicht eine bestimmte Rasse intelligent gemacht. Ich bin auf Grund jahrelanger Beschäftigung mit dieser Thematik der Meinung, daß wir, wenn wir unsere Intelligenz zum Wohle der Menschheit nutzen, von den Außerirdischen nichts zu befürchten haben. Kriege zu führen, ist auf jeden Fall negativ. Wenn wir unsere Intelligenz vernünftig benutzen, dann halten wir Frieden.

Dafür sind die Außerirdischen, die Sie beschreiben, aber kein Vorbild, denn die kämpfen doch ständig. Da gibt es kosmische Schlachten, in denen einander feindliche Sternenbewohner mit Raumschiffen durchs Weltall jagen, bis die einen so dezimiert sind, daß sie zur Erde flüchten und sich in Höhlen vergraben, um von den Gegnern nicht gesehen zu werden.

VON DÄNIKEN: Ja, aber diese Idee stammt nicht von mir, sondern die kommt aus den Mythologien und den alten Schriften der Religionen. Dort ist nachzulesen, daß die Außerirdischen einander bekämpfen.

Und trotzdem verlangen sie, daß wir es nicht tun?

VON DÄNIKEN: Ja, das ist eben das Schizophrene, das uns die Mythologien überliefern.

Halten die Außerirdischen sich nicht an ihre Gebote?

VON DÄNIKEN: Offensichtlich nicht, sondern sie geben ihre Gebote nur uns Minderbemittelten und haben für sich andere Regeln. Wir sind ja nur die kleinen, armen Sünder, die nichts zu sagen haben in den Dimensionen des Kosmos. Wir sind in die kosmische Familie noch nicht aufgenommen.

Gott sei Dank.

VON DÄNIKEN: Wieso denn? Was wollen Sie denn auf unserem Scheißplaneten? Wollen Sie nicht raus? Ich will da verdammt gerne raus. Ich hätte gern Kontakt mit außerirdischen Wesen.

Ist Ihnen langweilig hier unten?

VON DÄNIKEN: Mir ist oft langweilig, zum Beispiel an Abenden, wo es zum Arbeiten zu spät ist und ich sämtliche Fernsehprogramme zum Kotzen finde. Mich langweilt der Alltagskram. Mich langweilen die täglichen Schlagzeilen, die sich seit fünfzig Jahren Tag für Tag wiederholen. Schauen Sie sich doch einmal alte Zeitungen an, grauenhaft, und davon leben wir! Daran geilen sich alle auf, an diesem Alltagsbrunz, als ob es nichts Höheres und Interessanteres gäbe. Ich brauche das Abenteuer. Als Knabe wollte ich Missionar in Afrika werden. Mich lockte schon immer die Ferne.

Sie sind in der Schweiz aufgewachsen.

VON DÄNIKEN: Ja, in Schaffhausen.

Jenseits der Grenze war Krieg.

VON DÄNIKEN: So ist es. Der Rhein war die Grenze zu Deutschland. Uns wurde eingeimpft, um Himmels willen nicht durch den Rhein zu schwimmen, denn auf der anderen Seite waren die bösen Deutschen. Wir haben sie gesehen mit ihren Helmen, und wenn Bomben fielen, sah man den Feuerschein. Die Bombardierung Schaffhausens im Jahr 1944, die auf ein Versehen der Alliierten zurückging, war einer der schlimmsten Eindrücke in meinem Leben.

Psychologen, die sich mit Ihnen beschäftigt haben, sehen Zusammenhänge zwischen diesen Kriegserlebnissen und Ihrer Überzeugung, Außeridische hätten die Erde besucht.

VON DÄNIKEN: So ein Schwachsinn! Die Psychologen müssen halt was produzieren. Die kommen mit tausend Fragen, die alle in eine bestimmte Ecke zielen, in die sie einen dann stellen möchten. Wahr ist, daß ich gesehen habe, wie amerikanische Fallschirmspringer von einem abgeschossenen Bomber herunterkamen. Aber in meinem Gehirn hat nie eine Assoziation stattgefunden, die darauf hinausläuft, daß das Außerirdische waren. Für mich ist die ganze Psychologie suspekt, und am schlimmsten sind die Gerichtsgutachter.

Jetzt sprechen Sie aus Erfahrung.

VON DÄNIKEN: Das kann man wohl sagen.

Sie sind schon mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt gekommen.* 1970 wurden Sie wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt.

VON DÄNIKEN: Ja, aber ich bin nach wie vor überzeugt, daß das Urteil zu Unrecht erfolgt ist, obwohl ich Distanz zu der Sache gewonnen habe. Der Prozeßgutachter hat ein absolut verleumderisches, verlogenes Gutachten geliefert. Man hatte nicht erwartet, daß meine Verhaftung in der Presse einen solchen Wirbel auslösen würde. Nun mußte man dem irgendwie Rechnung tragen, und das tat man getreu dem Motto: Den Täter haben wir, die Taten wird man schon finden.

Was war der schwerste Moment Ihrer Haftzeit?

VON DÄNIKEN: Als ich die erste Mondlandung nicht mithören durfte. Ich hatte am Radio die Fortschritte verfolgt, das Raumschiff kam immer näher, umkreiste den Mond, plötzlich erschien ein Gefängniswärter und nahm unter irgendeinem Vorwand, der völliger Quatsch war, den Lautsprecher aus meiner Zelle. Mir ist das Blut in den Kopf gestiegen. Ich bin mit geballten Fäusten am Fenster gestanden, aus dem man nicht hinaussehen konnte. Ich wußte sofort, da steckt der Untersuchungsrichter dahinter. Mein Gedanke war, wenn mir der unter die Hände kommt, den bringe ich um.

Hatten Sie Angst, die Haftzeit nicht durchhalten zu können?

VON DÄNIKEN: Zweimal hatte ich Selbstmordgedanken, aber der Gedanke, Erich, du mußt überleben, um es denen zu zeigen, war stärker. Ich wußte doch, daß ich meinen Gegnern, die mich als Spinner und Psychopathen apostrophierten, beweisen würde, wie falsch sie lagen. Besonders schwer war für mich auch die sexuelle Enthaltsamkeit. Da mußte man zu Notlösungen greifen. Da half nur Handbetrieb. Das erinnerte mich an meine Schulzeit in einem katholischen Internat. Allerdings war dort auch das Onanieren verboten.

Sind Sie deshalb Atheist geworden?

VON DÄNIKEN: Ich bin nicht Atheist. Aber ich kann mir keinen Gott vorstellen mit Bart und wallenden Haaren, der einen Sohn hat, den man schlachten muß, damit der Vater versöhnt ist. All das ist Unsinn. Gott ist undefinierbar. Wenn mich die Schönheit der Natur überwältigt, dann bete ich. Das habe ich zum Beispiel letztes Jahr in Arosa getan. Da saß ich im Skilift und wurde durch den Nebel hinaufgezogen. Plötzlich lichtete sich der Nebel, und ich sah das strahlende Blau über dem leuchtenden Weiß. Da ist mir das alte Lied eingefallen, großer Gott, wir loben Dich. Am liebsten hätte ich es gesungen. Denn da wurde mir bewußt, was für winzige Würmchen wir sind im Vergleich zur Schöpfung. Ich mußte fast weinen.

Fällt es Ihnen leicht, Ihre Gefühle zu zeigen?

VON DÄNIKEN: Nur, wenn ich mich freue. In dem Film "E. T." gibt es eine Szene, da stirbt das außerirdische Wesen, das ist so ein Wichtelmännchen, und wird von Wissenschaftlern auf Eis gelegt. Aber dann kommt der kleine Junge, mit dem es befreundet war, und sagt, während er vor der Eisbox steht, "I love you". Im selben Augenblick beginnt das Herz des Außerirdischen wieder zu schlagen. Da habe ich ein paarmal schlucken müssen. Ich habe auch geweint beim Tod meines Sohnes, der erst ein Jahr alt war, als er starb. Ich arbeitete damals als Barmann in einem Hotel. Da auch meine Frau berufstätig war, hatten wir das Kind in ein Säuglingsheim geben müssen. Dort ist es in seinem Kissen erstickt.

Später behaupteten Sie, das Kind sei beim Brand des Hotels ums Leben gekommen.**

VON DÄNIKEN: Das war gelogen. In Wirklichkeit lagen zwischen dem Tod des Kindes und dem Hotelbrand mehrere Wochen. Ich kann heute nicht mehr sagen, aufgrund welcher Verdrängung das in mir durcheinander geriet... Bitte entschuldigen Sie mich eine Sekunde, ich muß schnell mal pissen. Müssen Sie nicht pissen?

Nein.

VON DÄNIKEN: Du meine Güte, noch so ein Außerirdischer!

Sie lachen die ganze Zeit.

VON DÄNIKEN: Ja, ich nehme mich nicht so todernst. Ich habe auch schon mal gedacht, leckt mich doch am Arsch, ihr Außerirdischen. Aber ich muß doch arbeiten, ich muß Geld verdienen, ich muß etwas liefern. Ich muß, um meine These zu zementieren, immer neue und bessere Indizien bringen. Ich war in jungen Jahren als Heißsporn oft allzu vorlaut, ich bin überall hineingehüpft, ich habe zu wenig geprüft. Aber ich werde meine Gegner zum Schweigen bringen. Man fragt immer: Warum sollen denn Außerirdische hier gewesen sein? Warum sollen sie den primitiven Urmenschen genetisch verändert haben, warum sollen sie mit Steinblöcken hantiert haben usw. Warum, warum, warum? Wir sollten eher fragen: Warum nicht? Es ist ein Fluch unserer Gesellschaft, daß man zwar dauernd bereit ist, zu kritisieren, aber nicht bereit, auch einmal etwas gelten zu lassen.

Dazu sind doch Millionen bereit: Ihre Leser.

VON DÄNIKEN: Das ist ein gutes Zeichen.

Sind Sie unzufrieden mit Ihrer Wirkung?

VON DÄNIKEN: Sie könnte größer sein. Man kann über meine Indizien streiten. Aber man soll aufhören, meine Person der Lächerlichkeit preiszugeben.

Stört es Sie, wenn ich Sie einen Phantasten nenne?

VON DÄNIKEN: Nein, gar nicht. Das empfinde ich als Kompliment. Jules Verne war auch ein Phantast. Er machte in seiner Phantasie eine Reise zum Mond mit einer Kanonenkugel. Wernher von Braun hat dann die Rakete zum Mond realisiert. Zwischen der Phantasie und deren Realisierung liegen gerade zwei Generationen.

Auch als Hellseher sind Sie neuerdings tätig.

VON DÄNIKEN: Ja, aber nur im engsten Kreis unter Freunden. 

Sie haben sogar Ihren Tod vorausgesehen.

VON DÄNIKEN: Ja, ich weiß, ich werde keines natürlichen Todes sterben. Ich habe auch gewisse Anzeichen, wann das sein wird. Aber das ist nicht entscheidend. Ich bin ein Anhänger der Wiederkunftstheorie, also der Idee, daß nichts untergeht. In jedem einzelnen Elektron unseres Körpers ist alles, was wir erlebt und erlitten haben, ewig gespeichert. Wenn wir sterben, zerfällt zwar unser Körper und wird von Würmern gefressen, aber unsere Erlebnisse und unser Wissen bleiben als Energie erhalten und können in anderen Körpern zu neuem Bewußtsein werden.

Was nützt das den Toten?

VON DÄNIKEN: Gar nichts.

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*)  Bereits 1957 wurde Däniken (geboren 1935) wegen Veruntreuung zu sechzehn Monaten Gefängnis verurteilt, nachdem er von einem Arbeitskollegen fünfzehntausend Franken erschwindelt hatte, 1959 erhielt er eine Geldstrafe wegen Diebstahls, 1965 wurde er wegen Betrugs zu einem Monat Gefängnis auf Bewährung verurteilt, 1969 wegen Unterschlagung und anderen Delikten in Österreich verhaftet und an die Schweiz ausgeliefert. Erst nach dem Welterfolg seiner pseudowissenschaftlichen Bestseller hörten seine Straftaten auf.

**)  Nach dem Brand des Schweizer Hotels „Rigi-Kaltbad“ stellte Däniken, der mit seiner Frau zu den Überlebenden zählte, Schadensersatzansprüche. Um seine Forderungen zu untermauern, behauptete er wahrheitswidrig, sein Sohn Peter sei bei dem Brand ums Leben gekommen.

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Erschienen (in einer längeren Fassung) im Juni 1983 in „Penthouse“